Seit 16 Jahren wohne ich in „Mauer“. Einem Dorf mit zwei Kirchen, vier Gaststätten, Schule, Kindergärten, Seniorenheim, unzähligen Vereinen und 3980 Mitbürgern. Vielen von ihnen bin ich in den letzten Jahren begegnet. Ich treffe sie beim Einkaufen, auf dem Weg zum Kindergarten oder zur Schule, beim Hundespaziergang oder abends in der Kneipe. Ich begegne Ihnen bei Veranstaltungen, Festen und Versammlungen. Ich beobachte sie am Spielplatz mit ihren Kindern oder auf dem Weg zur Arbeit, in Gruppen oder alleine. Gut gelaunt und voller Tatendrang, aber auch in Gedanken, beschäftigt, in sich gekehrt.
Viele von ihnen sind aktiv am Dorfleben beteiligt. Engagieren sich in der Gemeinde, Kirche und den Vereinen. Andere leben zurückgezogen und konzentrieren sich auf ihre Angehörigen. Bürger jeden Alters leben hier und prägen so durch die unverwechselbare Lebendigkeit des jeweiligen Alters das Dorfbild. „Urmauermer“ treffen auf Mitbürger aus anderen Kulturen und geben dem Ort seine bunte Mischung. Unterschiedliche Lebensstile haben ebenso ihren Platz, wie unterschiedliche Lebensvoraussetzungen den Alltag prägen.
Alle zusammen bilden sie die „Seele“ des Dorfes. Jeder Ort erhält durch sie seinen einzigartigen Charakter, unverwechselbar, dennoch wandelbar durch die sich ebenso wandelnden Menschen. So ist kein Ort wie der andere.
In der Fotografie haben mich immer schon die Menschen begeistert. Sei es im Sport, in der Reportage, im Akt oder im Porträt. So lag es nahe, mich mit der Kamera auf den Weg zu machen und zu versuchen durch Porträts die Seele des Ortes zu finden.
Ich muss zugeben, die eine Seele des Ortes habe ich nicht gefunden. Dafür viele einzelne. Vielleicht charakteristisch für das Dorfgefühl, oder stellvertretend für andere Mitbürger. Die Menschen, die ich porträtiert habe, traf ich in meinem alltäglichen Lebensbereich. Andere wurden mir ans Herz gelegt. So ist die Auswahl eine sehr persönliche. Sie ist nicht allgemeingültig. Würde jeder im Ort seine „Seele“ des Ortes fotografieren, kämen unzählige verschiedene dabei heraus.
So widme ich dieses Buch „meinem“ Mauer.
Rasso Bruckert
Juni 2015